Liebes Christkind
Videotipp: HIER kannst du das „Christkind“ live on stage sehen!
„Alle Jahre wieder…“
sucht die Weihnachtszeit uns heim.
Alle Jahre wieder
sprechen Kinder ihren Reim
für Nikolaus und Tannenbaum,
Adventkranz und Geschenketraum,
für Rengetier und Weihnachtsmann,
für Heiligabend und irgendwann
dreht dann auch wer das Radio auf
und es dröhnt „Laaaast Christmas“ raus.
Alle Jahre wieder
versuch ich mich zu überwinden.
Alle Jahre wieder versuch ich,
das alles schön zu finden, doch:
Ich BIN kein Freund der Weihnachtszeit!
Für mich ist Weihnachten, wenns schneit
und das tut´s seit ich Kleinkind war
nicht mehr dann, wenn sich´s ghört.
Jjaaaaa okay – ich gesteh,
der Weihnachtsfrust
beginnt bei mir schon im August,
wenn ich an der Kassa steh
und Lebkuchenberge seh.
Und kaum ist Halloween vorbei
bei Temperaturen wie Anfang Mai
wird die Ernährung umgestellt
auf Punsch und Kekse, und mit Geld
das wir meistens gar nicht haben
beginnt dann auf der ganzen Welt
das sinnentleerte Weihnachts-Shoppen.
Das kollektive Untergraben
des Rufes nach Besinnlichkeit
lässt sich in der Stadt nur stoppen,
wenn´s wirklich einmal ordentlich schneit.
Doch davon sind wir weit entfernt,
denn laut Temperaturprognose
brauchen wir auch heuer wieder
keine lange Unterhose.
Auch Haube und Handschuh
kömma uns SCHENKEN
– ein treffendes Wortspiel
das gibt mir zu denken.
Als „Grinch“ mich mancheiner bezeichnet
doch dem muss ich widersprechen!
Kein Fest der Welt will ICH ruinieren,
will bloß die Illusion aufbrechen
von der rundum idyllischen, fröhlichen Zeit,
weil das Klischee zum Himmel schreit,
weil ich den Zirkus nicht versteh –
das, was ICH mir wünsch, ist Schnee
und genau den krieg ich nicht!!
Nur, dass mich keiner falsch versteht –
auf Kälte könnt ich schon verzichten,
doch der Gefrierpunkt ist recht nützlich
wenn´s drum geht, die Welt zu belichten
mit glitzernd tanzenden Kristallen
die lautlos auf die Erde fallen,
alles in kühle Watte hüllen
und mein Herz mit Freude füllen.
Denn nur die weiß bedeckte G´stettn
kann mir den Weihnachtsfrieden retten …
Ich merk, ich schweif vom Thema ab.
Es sollt´ nicht bloß ums Wetter gehen …
mein Blues ist viel facettenreicher!
Wer jetzt gut aufpasst, wird’s verstehen.
Denn während in den letzten Tagen
die Massen in Geschäfte trieben
und sich durch Einkaufsstraßen schoben,
bin ich lieber zuhaus geblieben,
hab ein paar Kerzen angezündet
und einen kleinen Brief geschrieben:
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Liebes Christkind!
Bevor du was sagst – ich weiß, ich weiß,
für die Klimaerwärmung kannst du einen Scheiß
und ja, ich hab schon eingesehen:
Das mit dem Schnee wird auch heuer nicht gehen.
Doch ob du´s glaubst oder nicht:
Diesmal ist das okay,
weil ich heuer nicht
trotzig wie sonst vor dir steh
und dir mit Schnee auf die Nerven geh
sondern weil ich heuer erstmals versteh,
wie viele (!!) den Weihnachtsfrieden nicht kennen
weil sie… zurzeit um ihr Leben rennen.
Und die, die schon entkommen konnten
und wochenlang nirgendwo wohnten,
sondern marschierten soweit ihre Füße sie trugen –
hinter sich ein Leben total aus den Fugen
geraten, ohne dass sie das jemals so wollten,
getrieben vom Wunsch, ihre Kinder die sollten
es irgendwo anders besser haben –
doch auch hier offenbart sich der Graben.
Weil wir „Let it snow“ und „Last Christmas“ hören,
während Bomben all das, was sie liebten, zerstören.
Weil sie sich voll Angst aneinander krallen,
wenn wir zu Silvester mit Korken knallen.
Weil Eltern ihren weinenden Kindern
irgendwie erklären müssen,
dass Menschen in der ersten Welt
aus Spaß mit den Raketen schießen und
Explosionspanik nicht kennen –
denn sie mussten noch nie um ihr Leben rennen.
Das alles ist mir klar geworden –
das, und dass bei all den Morden
bei diversen Attentaten
Zivilisten statt Soldaten
für ihr Land gefallen sind.
Und ja, das schockiert uns für einige Tage
doch wir vergessen, werden blind
für all die tragischen Verluste,
wenn wir nicht selbst betroffen sind.
Geben Millionen aus für Dinge,
die wir in Wahrheit gar nicht brauchen.
Raunzen über die Wirtschaftslage
beim Obst-ins-Schokofondue-Eintauchen
und bedauern, dass uns die Hosen
in ein paar Tagen nicht mehr passen,
weil wir´s beim besten Willen nicht schaffen
das Keksefuttern sein zu lassen!!
Liebes Christkind
ich will heuer keine Geschenke
ich hab was ich brauch
bin zufrieden und denke:
Diesmal will ich einfach nur … dankbar sein.
Und wenn am Heiligen Abend,
das schwör ich ganz fest
vor oder während oder nach dem Fest
vor meiner Tür zwei Menschen stehen,
die müde sind vom langen Gehen
auf der Suche nach einem Ort zum Schlafen –
dann sag ich nicht: „Dort bei den Schafen
könnt ihr bleiben, dort drüben im Stall!“
Denn das war vor 2000 Jahren der Fall
und ich würd mich extrem genieren,
ließ´ ich sie noch einen Schritt mehr marschieren.
Wenn ich mich heute in mein Bett leg
im geschützten, warmen Raum –
wissend, dass ich sicher bin
und gleich in einem schönen Traum,
dann hoffe ich für alle,
denen dieser Luxus fehlt
dass DU, liebes Christkind, Hoffnung bringst.
Denn der Glaube an Frieden ist das, was zählt.
Nur DARUM sollt es zu Weihnachten gehen …
Hey Christkind, wart – ich wünsch mir doch was:
Lass das die Menschheit endlich verstehen!
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Markt und Straßen stehn verlassen,
still erleuchtet jedes Haus.
Der Weihnachtsglanz wird bald verblassen,
auch meine Geschichte ist gleich aus.
Doch sollte irgendwer von euch
noch eine Schneeflocke entdecken –
bitte einfach an mich denken
und sie in meine Richtung lenken.
Denn genau so leicht ist es,
Frieden zu schenken …
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